Clara Siebert
Politikerin, Schriftstellerin, * 2. August 1873 Schliengen/Lkr. Lörrach, † 23. März 1963 Karlsruhe, kath., ∞ 1897 Albert Siebert, 1 Sohn.
Als Tochter des Bezirksarztes und Medizinalrats Heribert Ritter in Südbaden geboren, wechselte Clara Siebert in ihrer Kindheit durch die Versetzungen ihres Vaters häufig den Wohnort. Ihre Ausbildung als Lehrerin für Deutsch und Fremdsprachen schloss sie 1895 an der Oberen Töchterschule (Lehrerinnenseminar) in Basel ab. Durch ihr religiöses Elternhaus entwickelte Siebert früh eine soziale Einstellung für den Dienst am Nächsten.
Seit 1907 mit der Familie in der Fächerstadt ansässig, gehörte Siebert zu den Mitbegründerinnen des ersten badischen Zweigvereins des Katholischen Deutschen Frauenbundes (KDFB), dessen Schriftleitung sie von 1909-1914 innehatte. Darüber hinaus war sie von 1911-1918 Mitglied der städtischen Krankenhauskommission in Karlsruhe, Mitglied des Diözesanvorstands der Christlichen Müttervereine und von 1920-1933 Vorsitzende des Landesausschusses des KDFB in Baden. Während des Ersten Weltkriegs leistete sie von 1914-1916 Lazarettdienst im Franziskushaus Karlsruhe. 1917/18 arbeitete sie als Referentin in der Frauenabteilung der Kriegsamtsstelle des XIV. Armeekorps. Für ihren Einsatz erhielt sie 1916 das Badische Kriegshilfekreuz, 1917 die Rote-Kreuz-Medaille sowie 1918 das Preußische Verdienstkreuz für Kriegshilfe.
Als eine von nur wenigen Frauen zog Siebert zusammen mit der Karlsruher Sozialdemokratin Kunigunde Fischer 1919-1933 für das Zentrum in den Badischen Landtag ein. Mit Unterbrechung war sie 1932/33 zudem Mitglied des Reichstags für den Wahlkreis 32 (Baden). Als Abgeordnete setzte sie sich für die Interessen von Müttern und Kindern, für die Friedensarbeit und die katholische Kirche ein, wofür sie 1924 das Päpstliche Ehrenkreuz Pro Ecclesia et Pontifice erhielt. In ihren Reden auf den Katholikentagen 1926, 1931 und 1932 zur Stellung der katholischen Frauen in der Gesellschaft ist jedoch nicht erkennbar, dass sie für die Gleichberechtigung der Frauen stritt. Obwohl erklärte Gegnerin des Nationalsozialismus, stimmte auch sie mit der Zentrumsfraktion 1933 für das Ermächtigungsgesetz.
Im November 1933 verließ Siebert den Reichstag und zog sich ins Privatleben zurück. Sie widmete sich kirchlich-karitativen Aufgaben im Diözesanverband der katholischen Müttervereine und im Sozialdienst ihrer Karlsruher Pfarrgemeinde St. Elisabeth. Im Zuge des gescheiterten Hitler-Attentats vom 20. Juli 1944 wurde Siebert vom 23. bis 30. August in Schutzhaft genommen. Auch nach 1945 kehrte sie nicht in die Politik zurück, stellte ihre Erfahrungen aber in den Dienst der Christlich Demokratischen Union Deutschlands (CDU). In ihrem Nachlass finden sich zahlreiche unveröffentlichte politische und literarische Texte.
An Klara Siebert erinnert in Karlsruhe ihre Grabstätte auf dem Hauptfriedhof und die 2000 nach ihr benannte Klara-Siebert-Straße.
Stadtlexikon: René Gilbert 2014