Heinrich Köhler
Politiker, * 29. September 1878 Karlsruhe, † 6. Februar 1949 Karlsruhe, kath., ∞ 1. 1902 Rosa Hauck, 2. 1913 Elsa Förster, 5 Kinder.
Der Sohn eines Bahnbeamten besuchte 1885-1894 die Volks- und Oberrealschule in Karlsruhe, absolvierte 1894-1897 eine Ausbildung in der Mittleren Laufbahn der badischen Finanzverwaltung und war dann im Zolldienst tätig, unter anderem 1915-1918 als Zollkommissar der Provinz Westflandern und Oberrevisor der badischen Zoll- und Steuerdirektion.
Seine politischen Anfänge erlebte Heinrich Köhler als Stadtverordneter 1911-1919 und Stadtrat 1919-1920 in Karlsruhe. 1913 wurde er im Wahlkreis Bühl für die Zentrumspartei (Z) als Abgeordneter in die Zweite Kammer des badischen Landtags gewählt, dem er bis 1927 angehörte. Als Vertreter des linken Flügels setzte er sich nach der Novemberrevolution 1918 maßgeblich für die Beteiligung seiner Partei an der Badischen Vorläufigen Volksregierung ein. 1920 übernahm er bis 1927 die Leitung des badischen Finanzministeriums. In dieser Funktion förderte er die Modernisierung der Elektrizitäts- und Wasserwirtschaft, die Elektrifizierung der Eisenbahn und den Kaliabbau. 1923/24 sowie turnusgemäß 1926/27 war Köhler badischer Staatspräsident. Anfang 1927 wechselte er bis Mitte 1928 als Finanzminister des Kabinetts Marx nach Berlin. Nach dessen Scheitern war er 1928-1932 Reichstagsabgeordneter. Heinrich Köhler verteidigte das parlamentarische System gegen dessen Feinde wie Relativierer, befürwortete jedoch die Beteiligung Hitlers an der Regierungsverantwortung, um ihn zu zähmen. Seit 1932 arbeitete er in der Wirtschaft und wurde nach kurzer Schutzhaft 1933 gezwungen, Karlsruhe zu verlassen. Bis 1943 lebte er mit der Familie in Berlin und dann bis Kriegsende im Odenwald.
Nach Kriegsende nahm der 66-jährige die politische Arbeit wieder auf: Er wurde Präsident des Landesbezirks (Nord-)Baden mit Sitz in Karlsruhe und trat der Christlich Demokratischen Union (CDU) bei. Mit der Bildung von Württemberg-Baden wurde er auf Geheiß der Amerikaner stellvertretender Ministerpräsident, übernahm 1946 zuerst das Wirtschafts- und dann das Finanzministerium und war 1947/48 Vertreter Württemberg-Badens im bizonalen Exekutivrat, dann Länderrat der amerikanischen Besatzungszone in Frankfurt a. M. 1946-1949 vertrat er die CDU im Landtag von Württemberg-Baden. In Karlsruhe drängte Köhler auf den Bau des heutigen Adenauerrings sowie von Sportplätzen im Wildpark, zudem bemühte er sich um den Wiederaufbau der Maxauer Rheinbrücke und des Rheinhafens nach 1945.
Köhler war nach 1945 zunächst ein Verfechter der Wiederherstellung des Landes Baden, die er mit allen Mitteln offen zu halten suchte. Er erkannte allerdings zunehmend die ökonomischen Entwicklungsmöglichkeiten eines größeren Südweststaates und dessen größeres Gewicht in der entstehenden föderalistischen Struktur des westdeutschen Gesamtstaates. Seit 1948 trat er für die Vereinigung der drei südwestdeutschen Zonen ein und verfocht diese Idee bis zu seinem Tod, womit er weite Teile der CDU gegen sich aufbrachte.
Seine Verdienste als badischer Minister in der Weimarer Zeit würdigten alle badischen Hochschulen mit der Verleihung der Ehrendoktorwürde. Für seine Verdienste um den politischen Wiederaufbau ernannte ihn die Stadt Karlsruhe 1947 zum Ehrenbürger. An ihn erinnern in der Stadt Gedenktafeln an seinem Geburtshaus in der Luisenstraße 24 sowie an seiner Wirkungsstätte am Bau der ehemaligen Hauptpost, die Heinrich-Köhler-Schule, die Heinrich-Köhler-Straße und der Heinrich-Köhler-Platz.
Stadtlexikon Manfred Koch 2014
Grablage: Hauptfriedhof: Hauptweg 16